Editorial

Gegenwind
verändert
die Agenda

Ein Beitag von Dr. Günther Bachmann, Vorstand Stiftungsverein Deutscher Nachhaltigkeitspreis

Die Transformation steht im Gegenwind. Nachhaltigkeit war noch nie bloss ein happy go lucky Thema, aber so viel Gegenwind wie jetzt war auch noch nie. Schon kriecht Zweifel in die Transformation, deren Propagierung oft nur noch naiv erscheint.

Dabei ist die Stimmung eigentlich schlechter als die Lage. Nur zwei Punkte:

Die UN Generalversammlung hat soeben einen Zukunftspakt zur Nachhaltigkeit beschlossen, auch durch starken Einsatzes von Deutschland. Kein anderes Thema belebt die globale Zusammenarbeit und kein anderes Thema widersteht Kriegen und geopolitischen Spannungen. Und dann: Im vorigen Jahr knackte der Strom aus Erneuerbaren Energien weltweit erstmals die 30% Marke und drückt damit die CO2-Intensität der globalen Stromerzeugung auf ein neues Rekord-Tief.

Heißt: Nachhaltigkeit bleibt als Thema. Aber die Stimmung entscheidet. Unsicherheit steht über allem. Migration, Wohnung, Energie, Vertrauen, Gemeinsamkeit - ungelöste politische Probleme allesamt - steigern das Meta-Gefühl der Unsicherheit. Es macht für fossile Rückwärtsbewegung anfällig. Die Dynamik der gesellschaftlichen Veränderung liegt bei den Gegnern der Nachhaltigkeit, die ihr destruktives Potenzial verselbständigen. Das ist bedrohlich.

Wissen ist wichtig, Wissenschaft ist zentral. Aber niemand „kommt ins Handeln“, nur weil er/sie ein rotes Klima-Diagramm gesehen hat. Stattdessen braucht es die sozial-emotionalen Kategorien wie Neugier, Stolz, vertraute Ordnung und Sicherheit in der Gemeinschaft mit Anderen. Das kommt in Klima-Argumenten zu kurz.

"Unsere Agenda ändert sich.
Ändern wir uns auch?
Gehen wir die selbstverschuldeten Probleme an?
Schaffen wir die ordnende Orientierung oder schwingen wir im Alten mit?"

Die wichtigsten, unmittelbaren Punkte: Die erdrückend hohen Kosten für Energie erfordern eine grundlegende Korrektur der störendenMarktregeln aus der fossilen Zeit. Bürokratisches Übermass verdeckt die guten Anliegen zu nachhaltigen Lieferketten und zur Unternehmensberichterstattung. Eine bedingungslose Grunddaten-Sammlung ist nicht im Sinne des Erfinders. Und: Statt einer Schuldenbremse braucht es eine Bremse gegen das Schrumpfen des nachhaltigen Wirtschaftens.

Nachhaltig produzierende Unternehmen sind Aushängeschilder zur nachhaltigen Entwicklung. Aushängeschilder brauchen einen guten Ort, wo man sie sehen, diskutieren und verstehen kann. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis stellt in das Fenster, was Unternehmen, die Architektur, der Sport, der Gesundheitsbereich und die Produktentwicklung zu bieten haben. Er bietet den Platz, der Image mit Glaubwürdigkeit verbindet, Suffizienz mit Innovation, Werterhalt mit Experiment, Stolz mit Demut, Neugier mit Vertrauen, Politik mit Erwartungen: pragmatisch, fehlerfreundlich und im wirklichen Leben, nicht als abgehoben 150%ige reine Lehre.